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Traditionen
- Информация о материале
- Опубликовано: 23 сентября 2025
- Обновлено: 02 октября 2025
Das Credo von Christoph Romankiewicz
In unserer Zeit werden vergessene Sportarten und Kampfkünste immer populärer, zum Beispiel das historische Fechten (HEMA).
Dank eines Sportfestivals im Sportverein Hut entdeckten wir ganz unerwartet eine völlig einzigartige Disziplin: das historische Fechten mit dem Langschwert – unter Anleitung von Trainer Christoph Romankiewicz.
Eines Tages spazierten wir mit meiner Tochter in der Umgebung, als wir Trommelschläge hörten. Man hätte meinen können, das Samba-Fest in Coburg sei längst vorbei… Doch als wir dem Klang der Instrumente folgten, stießen wir auf dem Fußballplatz auf das Vereinsfest des Sportclubs „SV Hut“ – mit Vorführungen der Sambistas, Karatekas, Reiter und Fechter, begleitet von einem traditionellen Büfett mit Getränken und Grill.
Mich faszinierte vom ersten Augenblick an das Training mit dem Langschwert, das von dem charismatischen Trainer Christoph Romankiewicz geleitet wurde. Es war etwas Besonderes, Neues, Ungewöhnliches – genau das, wovon ich geträumt hatte: dass wir als Familie gemeinsam eine sportliche Aktivität finden. Und hier fand ich es, das Langschwert, mit dem man eine uralte Kampfkunst neu entdecken konnte.
Für mich als ehemalige Leistungssportlerin in der Leichtathletik, die sich über zehn Jahre dem Sprint gewidmet hatte, war es nicht schwer, sich in die neue Sportart einzuarbeiten – zumal ich zuvor schon Wushu, Flamenco, Schwimmen und Yoga praktiziert hatte. Doch die Geschichte dieser Kampfkunst, die besondere Philosophie der Gesellschaft der Fechter im Austausch mit Gleichgesinnten – das war wirklich faszinierend!
Fechtbücher
Unser Trainer erzählte spannende Geschichten zu den einzelnen Übungen, las aus Peter von Danzig´s Fechtbuch vor und verfasste sogar eigens einen Ehrenkodex für unsere Abteilung, der Regeln für so manche Lebenslage enthielt. Darin ging es nicht nur um Kampftechniken, sondern auch um Tugenden wie Edelmut, Bescheidenheit, Geduld, Taktgefühl und gegenseitige Achtung.
Wir lachten viel, tauschten uns aus und freundeten uns rasch mit dem ganzen
Team an: dem Pfleger Norbert, dem Programmierer Frank mit seinem Sohn, der Apothekerin Tina, dem Mechaniker Philipp, der Postbeamtin Melanie und anderen.
Ein großer Vorteil war die günstige Lage des Trainingsortes: Im Sommer das Fußballfeld, nur zehn Minuten zu Fuß von unserem Zuhause entfernt, und im Rest des Jahres der Gymnastikraum der Schule direkt gegenüber.
Interessant ist, dass Fechten bereits seit prähistorischen Zeiten in Indien, Ägypten, Griechenland und anderswo existierte. Für die Deutsche Fechtschule im Mittelalter wiederum spielte Johannes Liechtenauer eine zentrale Rolle. Noch 200 Jahre nach seinem Tod bezogen sich die meisten Fechter auf seinen Namen. Liechtenauer war so was wie ein Gütesiegel.
Ebenso spannend: Das Towerfechtbuch gilt als das älteste Fechtbuch des Mittelalters und wurde vermutlich in der Nähe von Würzburg aufgezeichnet – also direkt in unserer bayerischen Heimat! Und auch die ersten Fechterzünfte entstanden in Deutschland.
Das deutsche Wort fechten hat mehr mit dem englischen Wort fighting zu tun, was kämpfen bedeutet. Historisches Fechten beinhaltet nämlich verschiedenste Disziplinen vom waffenlosen Ringen, den Umgang mit sämtlichen mittelalterlichen Waffen bis hin zum Kämpfen auf dem Pferd.
In unserer Abteilung lernen wir hauptsächlich den Umgang mit dem Langschwert. Im Gegensatz zum olympischen Degenfechten, können wir den Gegner auf drei Arten verwunden. Liechtenauer spricht hier von den drei Wundern. Hieb, Stich und Schnitt. Beim Degenfechten wiederum ist man nur auf Stiche konzentriert.
Über den Trainer
Unser Trainer ist eine bemerkenswerte Persönlichkeit. Er wurde am 14. Juni 1977 in Coburg geboren – also ein echter Coburger. Kindheit und Jugend verbrachte er in Bad Rodach. Als er seine Frau heiratete, zog er mit ihr nach Coburg, wo sie bis heute gemeinsam mit ihrer Tochter dort leben.
In Coburg besuchte er die Realschule II und und hatte als Lieblingsfach Geschichte. Nach dem Erlangen der Mittleren Reife, begann er eine Ausbildung zum Optiker. 1994 trat er bei der Firma Optik Busch in Coburg in die Lehre ein – und arbeite dort nun seit über 30 Jahren. Beruflich ist er Augenoptiker und Trainer für Sehschule. Mit der Zeit wurde Christoph ein fester Bestandteil des Unternehmens.“
Alle zwei Jahre veranstaltet die Veste Coburg eine „Zeitreise“. Vor vielen Jahren stand dabei das Thema Blankwaffen und Fechten im Mittelpunkt. Im Rahmen des Programms konnte man mit einem hölzernen Langschwert trainieren. Damals erkannte Christoph Romankiewicz: Das ist es, was ich gesucht habe! Nur: Wo konnte man das lernen?
„Am nähesten lagen Bamberg oder Kulmbach, und ich entschied mich für Bamberg. Dort trat ich dem Verein Ochs – Historische Kampfkünste e.V. bei“, erzählt er. „Schon nach einem halben Jahr wurde ich Zeugwart, weitere sechs Monate später Abteilungsleiter. Ich musste Trainingseinheiten leiten, obwohl ich damals keinerlei Trainererfahrung hatte. Doch bald merkte ich, dass mir das Unterrichten Freude bereitete. In den fünf Jahren als Abteilungsleiter in Bamberg sammelte ich viel Erfahrung – aber die ständigen langen Fahrten dorthin machten irgendwann keinen Spaß mehr.“
So begann der Trainer in Coburg Fechtkurse über die VHS anzubieten. Manche Teilnehmer kamen immer wieder, denn das Fechten machte ihnen Spaß. Doch sie wollten häufiger trainieren, nicht nur zweimal im Jahr! So entstand die Idee, eine eigene Fechtabteilung zu gründen. Christoph wandte sich an den Sportverein SV Hut in Coburg, der die Idee mit großer Begeisterung unterstützte. 2024 wurde dort die Abteilung SV Hut vom Tag – Historisches Fechten zu Coburg gegründet.
„Heute ist die Abteilung ein Jahr alt und hat zur Zeit zehn Mitglieder“. „Viele von ihnen kamen über die VHS-Kurse zu mir. Alle sind hochmotiviert und betreiben dieses ungewöhnliche Hobby mit Leidenschaft,“ erklärt Christoph.
Länge und Maß
Ein weiteres Hobby unseres Trainers sind Tabletop-Wargames (strategische Brettspiele). Zusammen mit seinen Freunden nennt er sich „die fränkischen Heckenritter“. Seit drei Jahren in Folge organisieren sie im FiS Coburg ein jährliches Turnier, bei dem sie Miniaturschlachten in der Welt von A Song of Ice and Fire austragen.
„Für die Zukunft wünsche ich mir, dass unsere Sportart in Coburg fest Fuß fasst und bekannter wird“, sagt er. „Als Lebensmotto habe ich mir einen Satz aus dem historischen Fechten gewählt: Jede Kunst hat Länge und Maß. Diesen Gedanken kann man auf viele Bereiche des Lebens anwenden. Alles kommt zu seiner Zeit – man braucht nur etwas Geduld. An den menschlichen Eigenschaften schätze ich Ehrlichkeit, Treue und Motivation. Gleichgültigkeit oder Interessenlosigkeit hingegen ist für mich inakzeptabel, denn diese Eigenschaften erinnern mich an Dantes Alighieri´s Unentschiedenen, die sich in der Vorhölle aufhalten.“
Elena Paschke
Fotos: Elena Paschke